Symbolischer Klimanotstand wird abgelehnt

Nachdem Anna Spescha, Isabel Liniger und ich das Postulat zum Klimanotstand im April 2019 eingereicht haben, wurde es im Juli 2020 im Kantonsrat behandelt.  Es wurde als nicht-erheblich erklärt.  Das Postulat und die Antwort des Regierungsrats findet ihr hier.

Hier könnt Ihr mein Votum lesen, das ich an der Sitzung hielt:

Das Coronavirus und den Klimawandel können nicht so einfach verglichen werden. Das Virus kommt schnell und es konnten aber auch schnelle, wirksame, wenn auch einschneidende Massnahmen getroffen werden. Das Klima verändert sich dagegen langsam und entsprechend brauchen Massnahmen Zeit, bis sie wirken.

Regierungsrat Heinz Tännler hat an der letzten Sitzung gesagt, dass die Wissenschaft manchmal auch falsch liegen kann, es gab in der Corona-Diskussion unterschiedliche Expertenmeinungen. Ja, die Wissenschaft kann auch nicht alles mit Sicherheit voraussagen. Und das war auch beim Thema Klimawandel so. Viele Wissenschaftler haben sich getäuscht. Ihre Klimamodelle waren nicht ganz richtig…Die Prognosen wurden nämlich zu vorsichtig erstellt. Man musste feststellen, dass der Klimawandel viel schneller voran geht, als man vor einigen Jahren noch dachte. Schon heute sind zahlreiche Auswirkungen des Klimawandels feststellbar – auf der ganzen Welt, aber auch in der Schweiz und hier im Mittelland.

So hatte die Schweizer Landwirtschaft im Hitzesommer 2018 grosse Probleme mit trockenen Wiesen, Futtermangel und leeren Wasserspeicher. – Werden wir künftig noch genügend Trinkwasser haben?

Auch die Wälder litten 2018 sehr unter der Trockenheit. Viele Bäume gingen ein. Fast die Hälfte des Zuger Waldes ist Schutzwald, der uns vor Naturgefahren schützen soll. Diese Funktion kann der Wald nicht mehr erfüllen, wenn er zu stark und zu lange solchen Trockenheiten ausgesetzt wird.

Heute steigt das Thermometer im Schnitt an 11 Tagen über 30 Grad Celsius. Berechnungen sagen, dass im Jahr 2040, also in 20 Jahren, die 30-Grad-Marke an 40 Tagen überstiegen wird. Meine Damen und Herren, fast anderthalb Monate brennende Hitze. Ich habe auch schonmal über den Sommer hinweg draussen gearbeitet und kann Ihnen sagen, bei 30 Grad ist man nicht mehr produktiv. Auch in einem nicht-klimatisierten Büro, was es noch sehr häufig gibt, arbeitet man nicht mehr produktiv. Die wirtschaftliche Leistung nimmt ab.

Alte Menschen, wie es viele hier im Saal im Jahr 2040 sein werden, haben grosse Mühe mit solchen Hitzetagen, die Sterblichkeitsquote steigt.

Es tut mir leid, aber ich höre nur Ausreden, warum das Postulat nicht erheblich erklärt werden soll. Zuerst heisst es, der Begriff «Notstand» geht nicht, das würde die Demokratie aushebeln. Wir Postulantinnen reden aber von einem «symbolischen Klimanotstand». Dann heisst es von der ablehnenden Seite wieder: wir wollen keine Symbolpolitik, sondern Taten sprechen lassen. Super, das wollen wir auch! Im Postulat steht geschrieben, dass der Kanton die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe höchster Priorität anerkennen soll. Höchste Priorität heisst, dass gehandelt werden muss und zwar dringend, fokussiert und wirksam.

Wenn ich lese, was bereits gemacht wird oder geplant ist, sieht man, dass das Klimathema bei der Regierung und Verwaltung langsam angekommen ist, doch es fehlt eindeutig noch die Power dahinter. Ich sehe nicht, dass zum heutigen Zeitpunkt der Klimawandel beim Kanton eine hohe Priorität hat.

Die letzte Richtplananpassung im Mai zeigt es gut: Wir diskutieren mehr darüber, neue Strassen zu bauen, statt den Fuss- und Veloverkehr, sowie den öffentlichen Verkehr massiv zu stärken. Oder lieber werden Steuersenkungen vorgeschlagen, anstatt Geld in dringend notwendige Projekte zur Klimaanpassung und zur Klimabekämpfung zu investieren.

Die vom Regierungsrat aufgezählten Massnahmen zum Klimawandel, die zurzeit ergriffen werden, sind noch nicht ausreichend. Wir können nicht mehr nur kleine Schritte machen und hauptsächlich auf Freiwilligkeit hoffen.

Ich weiss z.B. von keinem Klimamassnahmenplan des Kantons Zug.

Ich sehe nicht, dass die degradierten Moorflächen auf dem Zugerberg, in Oberägeri, Rüssspitz und anderen Orten in einer grossen Dringlichkeit wieder vernässt werden, damit sie wieder viel CO2 speichern können. Dies geschieht zurzeit in eher langsamem Tempo.

Ich sehe nicht, dass verstärkt Bäume, Vertikalbegrünungen, Grünflächen und Wasserstellen im Siedlungsraum angebracht werden, um den Hitzetagen im Sommer entgegenzuwirken.

Ich sehe keinen markanten Anstieg an Photovoltaikanlagen und thermische Solarkollektoren auf Zuger Dächern.

Ich sehe kaum Sensibilisierungsarbeit des Kantons bei der Bevölkerung. Doch wenn wir den Klimanotstand ausrufen, wäre das auch für die Bevölkerung ein Weckruf, dass das Thema ernst genommen werden muss. Es hat eine öffentliche Wirkung. Denn diese symbolische Notstandserklärung wäre auch eine Absichtserklärung. Die Ausrufung des symbolischen Notstands würde der ganzen Klimaproblematik mehr Ausdruck verleihen und der Politik, wie auch der Bevölkerung die Dringlichkeit und Notwendigkeit des Problems besser ins Bewusstsein bringen.

Und noch ein ökonomisches Argument, wieso wir jetzt den Klimawandel als Aufgabe höchster Priorität angehen sollen: Je später wir handeln, desto teurer wird es. Das ist keine Floskel sondern Tatsache.

Nicht nur wie bei der Coronakrise, sondern auch für die Klimakrise muss ein Ruck durch die Zuger Politik, den ich bis jetzt noch nicht gespürt habe. Lass uns diesen Ruck machen und dieses Postulat erheblich erklären. Wir danken für Eure Unterstützung.