Postulat betreffend Biodiversitätsförderung wurde erheblich erklärt

Das Postulat betreffend Biodiversitätsförderung wurde erfreulicherweise erheblich erklärt. Ein wichtige Forderung darin, ein kantonales Gesamtkonzept für die Biodiversität zu erstellen, wird erfüllt. Dies kam aber zustande, weil der Bund dies neu von den Kanton fordert. Das wusste ich noch nicht, als ich das Postulat vor über einem Jahr einreichte. Ich wünschte mir aber trotzdem, dass das Postulat noch nicht abgeschrieben wird, da ich befürchte, dass gewisse Punkte wie die Beratung, die Aus- und Weiterbildung und das Thema Natur im Siedlungsrum noch zu wenig vom Regierungsrat angegangen wird. Leider wurde es dann aber trotzdem vom Kantonsrat als erledigt abgeschrieben.

Das Postulat und die Antwort des Regierungsrats findet ihr hier.

Hier könnt Ihr mein Votum lesen, das ich an der Sitzung hielt:

Namens der Postulierenden danke ich dem Regierungsrat für Antwort und Antrag.

Vor drei Wochen organisierte ich ein Podium, wo es um das sechste grosse Artensterben ging. Was ist das sechste Artensterben? In den letzten 4.5 Milliarden Jahren, in denen es die Erde gibt, gab es bereits 5 grosse Artensterben. Das letzte war vor 65 Millionen Jahren, als die Dinosaurier verschwanden. Und nun deutet alles darauf hin, dass das sechste Artensterben bereits begonnen hat. Wir stecken nicht nur in einer Coronakrise und einer Klimakrise, sondern auch in einer Biodiversitätskrise, doch den meisten ist diese dritte Krise nicht mal bekannt.

Vielleicht denken nun einige, dass das zwar schlimm klingt, aber was will die Schweiz und der Kanton Zug da machen? In der Schweiz ist die Rote Liste der bedrohten Arten länger als in den meisten anderen europäischen Ländern. Wir haben in der Schweiz weniger Naturschutzgebiete als in allen anderen Gebieten Europas. Der Handlungsbedarf ist gross, in der Schweiz und damit auch im Kanton Zug.

Wir Postulanten begrüssen, dass der Kanton innert zwei Jahren ein Gesamtkonzept zur Arten- und Lebensraumförderung sowie zur Vernetzung erstellen wird, wie wir es im Postulat gefordert haben. Eine Forderung unseres Postulats wurde erfüllt. Trotzdem sind wir noch nicht ganz zufrieden. Liest man die Antwort des Regierungsrats, hat man das Gefühl, dass alles wunderbar läuft im Kanton Zug. Eine selbstkritische Haltung ist nicht erkennbar. Im Postulat haben wir darauf hingewiesen, dass eine kompetente Beratung und eine gute Aus- und Weiterbildung immens wichtig sind. Es gibt z.B. immer noch Forstfachleute und LandwirtInnen, die nur das absolute Minimum im Biodiversitätsbereich machen, und so werden wir den Biodiversitätsverlust nie stoppen können. Der Schutz der Biodiversität ist aber ein gesetzlicher Auftrag im Sinne der Bundesverfassung (Art. 78) über den Natur- und Heimatschutz.

Das Amt für Wald und Wild führt gemäss Budget 2021 und Finanzplan 2021-2024 jährlich einen Weiterbildungstag für das gesamte Forstpersonal und einen Halbtag für Revierforstleute durch. In der Landwirtschaft sind Beratungen im Falle von Vernetzungsprojekten und Landschaftsqualitätsprojekten obligatorisch. Die Beratung muss aber deutlich gesteigert und verbessert werden, wenn die Praktiker draussen im Gelände mehr für die Biodiversität tun sollen als das gesetzlich vorgeschriebene Minimum. Ich habe grosse Zweifel, dass Beratung, sowie Aus- und Weiterbildung im Gesamtkonzept 2022 genügend gewürdigt bzw. ausgebaut werden.

Was in der Antwort des Regierungsrates ebenfalls ausgeblendet wird, ist der Siedlungsraum. Untersuchungen zeigen, dass die Artenvielfalt im Siedlungsraum sogar höher sein kann als im intensiv genutzten Landwirtschaftsgebiet. Doch man muss die Grünflächen im Siedlungsraum planerisch ausscheiden, fördern und richtig anlegen und pflegen. Viele Gemeinden sind damit überfordert, weil sie nicht die nötigen Fachpersonen dazu haben. Es fehlt an Fachkompetenz. In vielen Gemeinden fehlt gar eine verantwortliche Person für Biodiversitätsanliegen. Und dies wiederum führt dazu, dass auch Privatpersonen und Unternehmen nicht genügend beraten werden können. BewohnerInnen, die in ihrem Privatgarten etwas für die Natur machen möchten, oder Unternehmen, die ihre Umgebung naturnah gestalten möchten, haben oft nicht die nötige Kenntnis und wissen auch nicht, an wen sie sich wenden können. Hier wäre der Kanton in der Pflicht, damit Ressourcen für die Gemeinden, die Bevölkerung und Unternehmen entsprechend bereitgestellt werden als unterstützende Massnahme. Eine kantonale Fachstelle oder Beratungsstelle für Natur im Siedlungsraum wäre nötig, um dem Ganzen etwas Schwung zu geben. Ich arbeite beispielsweise im Kanton Aargau bei einer Stiftung, welche im Auftrag des Kantons kostenlose Erstberatungen für Gemeinden und Privatpersonen anbietet.

Was ebenfalls in der Antwort kaum vorkommt, ist das Monitoring. Wir haben im Kanton kein wirkungsvolles Monitoring über mehrere Artengruppen, um den Biodiversitätsverlust und die Wirkung von Massnahmen zu messen. Mir ist kein Monitoring der ökologischen Qualität der Gewässer bekannt, und kein Monitoring im Siedlungsraum. Es gibt erst Monitorings in Naturschutzgebieten aber nicht über die ganze Kantonsfläche hinaus. Es fehlen Monitorings zu wichtigen Insektengruppen. Wir wissen gar nicht recht, wie sich die Biodiversität in den letzten Jahren oder Jahrzehnten im Kanton entwickelt hat. Dies zeigt, dass dem Thema zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Es wird schon einiges gemacht im Kanton Zug, das schätze ich sehr. Es gibt aber noch viel zu tun, um den Biodiversitätsrückgang zu stoppen. Denn es reicht nicht, wenn vor allem die Vorgaben vom Bund berücksichtigt werden und sich die Regierung damit zufrieden gibt. Die Ausführungen des Regierungsrates vermögen uns leider nicht zu überzeugen, dass im kommenden Gesamtkonzept die Beratung, die Aus- und Weiterbildung, das Monitoring und die Natur im Siedlungsraum als wichtige Pfeiler genügend beachtet werden. Dafür müsste auch die Bereitschaft vorhanden sein, die nötigen finanziellen Mitteln bereitzustellen und nicht nur das zu machen, was der Bund bezahlt.

Ich beantrage daher auch Namens der Alternative – die Grünen, das Postulat als erheblich und bis zum Vorliegen des kantonalen Gesamtkonzepts als nicht erledigt zu erklären und danke für die Unterstützung.